Behindertensport
Ein erholsamer Kraftakt
VON GOTTFRIED SCHALOW, 06.09.11, 21:20h, aktualisiert 06.09.11, 21:24h
Matthias Neubert (links) hilft Stephan Bahr beim Einsteigen ins Kanu. (FOTO: MZ)
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Halle (Saale)/MZ. Ein erholsamer Kraftakt? Geht das überhaupt? „Ja“, sagt Stephan Bahr, der Kanute vom Osendorfer See, „für mich ist mein kraftraubender Sport tatsächlich erholsam.“ Muskeln benötigt auch Trainer Mathias Neubert, wenn er seinen Schützling in das Kanu hievt und anschließend wieder an Land zieht. Das ganz sieht optisch wie eine Tortur aus, doch die beiden bewältigen sie lächelnd.
Stephan Bahr leidet von Geburt an spastischer Diparese, also einer teilweisen Lähmung der Arme und Beine. Trotz dieser Behinderung war er zehn Jahre lang Schwimmer und wagte danach den Umstieg in das Kanu. Auslöser war die erste Begegnung mit Mathias Neubert, der Physiotherapeut am Krankenhaus Bergmannstrost in Halle ist. „Die ersten Trainingsrunden fanden im Winter im Schwimmbecken der Klinik in einem Plastikboot statt. Stephan stellte sich dabei so geschickt an, dass ich mir sicher war, dass ein weiteres Training Sinn macht“, erzählt Neubert.
Mit Beginn der Freiluft-Saison war es dann so weit. Stephan wurde in kürzester Zeit so gut, dass er nun für die ersten deutschen Meisterschaften im Para-Kanu am Wochenende in München nominiert wurde. „Wenn alles gut läuft, kann er auf Anhieb eine Medaille holen. Sogar ein Start bei den Paralympics 2016 in Rio ist erscheint im Moment nicht unmöglich.“
200 Meter muss Stephan Bahr im Wettkampf paddeln und zwingend eine Schwimmweste tragen, die seinen Rücken stabilisiert. „Ich fühle mich im Boot wohl. Vor allem werde ich da nicht so nass wie beim Schwimmen“, sagt Stephan, der in wenigen Tagen 20 Jahre alt wird und mitten in der Ausbildung zum Bürokaufmann steckt.
Für den Halleschen Kanu-Club vom Osendorfer See geht in München auch noch die Rollstuhlfahrerin Michaela Schlett an den Start.