Patrik Fogarasi hat die Paralympics in Rio um „Zahnesbreite“ verpasst. Nun träumt er vom Winter in Pyeongchang.
Von Ulli Schubert
erschienen am 17.08.2016
Dittersbach. Auch wenn er es verneint – ein wenig wehmütig dürfte Patrik Fogarasi schon werden, wenn er im Fernsehen die Olympischen Spiele verfolgt. Denn in wenigen Wochen wollte auch der Dittersbacher in Rio de Janeiro sein und Deutschland bei den 15. Paralympischen Sommerspielen vom 7. bis 18.September im Parakanu vertreten. Doch sein Name fehlt unter den 148 nominierten Athleten.
Der Traum von Rio wurde Patrik Fogarasi mit einem Zahn gezogen. „Der Weisheitszahn musste nur wenige Tage vor der Qualifikation bei den Deutschen Meisterschaften raus. Die Trainer wollten ein Attest mit der Starterlaubnis, doch die Zahnärztin stellte es nicht aus“, berichtet der 41-Jährige. „Ich weiß nicht, ob ich es geschafft hätte, aber weil ich nicht antreten konnte, hatte ich nicht einmal eine Chance.“ Bei einer späteren Qualifikationsrunde fehlte ihm eine knappe Sekunde an der Olympianorm.
Patrik Fogarasi ist erst vor einem Jahr der Liebe wegen von Dresden nach Dittersbach, dem Frankenberger Ortsteil, gezogen. Geboren 1975, erlernte er den Beruf eines Gas- und Wasserinstallateurs, später arbeitete er als Mediendesigner. 2002 dann ein Motorradunfall, seither ist er inkomplett querschnittsgelähmt, sitzt im Rollstuhl.
„Ich habe mich damit relativ schnell abgefunden, war einschließlich der Reha ein Jahr in der Klinik und habe gesehen, dass es anderen viel schlimmer geht. Jüngeren Menschen, die ab dem Hals querschnittsgelähmt sind“, stellt er sachlich fest. Und fügt an: „Mir geht es gut. Ich brauche keine Hilfe, kann fast alles alleine machen.“ Natürlich gäbe es einige Dinge, die ihn stören, doch klagen hört man Patrik Fogarasi nicht. Und auch seine sportlichen Hobbys wie Kitesurfen und Wakeboarden konnte er nach dem Unfall nach und nach wieder betreiben. „Ich hielt außerdem Vorträge und war für Firmen, die Rollstühle herstellen, auf Messen unterwegs.“
Bei einer dieser Messen kam er mit Kanuten aus Halle ins Gespräch. Er wurde neugierig, stieg ins Rennkanu (was schon für nichtbehinderte Menschen eine Herausforderung ist) und gehörte bald darauf nicht nur zum Team des Halleschen Kanu-Clubs 54, sondern auch zur Nationalmannschaft. Was für die vergangenen fast vier Jahre bedeutete: Sechs Tage in der Woche Training im Leistungsstützpunkt in Halle. Kraft, Ausdauer und andere Methoden, die den Athleten voranbringen sollen. Patrik Fogarasi wurde Deutscher Meister auf der 200 Meter langen Strecke im Parakanu, war Achter bei der Europameisterschaft und Siebter bei der Weltmeisterschaft in Mailand im vergangenen Jahr. Den Sprung zu Olympia nach Rio aber schaffte er nicht.
„Natürlich steckt man das nicht so leicht weg.“ Doch Patrik Fogarasi hat einen neuen Plan. Er will sich nicht noch einmal vier Jahre bis zur nächsten Sommerolympiade abstrampeln – mit ungewissem Ausgang. Zumal auch die Kategorien, in denen behinderte Sportler starten, immer wieder geändert würden, sagt er. Sein Ziel sind nun die Winterspiele 2018, die in der südkoreanischen Stadt Pyeongchang stattfinden. „Ich habe beschlossen, auf Paraski umzusteigen. Dort sind die Chancen viel größer. Es gibt drei Strecken vom Sprint bis zu den zehn Kilometern. Und außerdem kann man auch beim Biathlon antreten, was mich sehr reizt.“ Die längeren Strecken, auf denen Ausdauer gefragt ist, kämen ihm entgegen.
Nun also vom Wasser auf den Schnee. Die Fahrt auf den starren Brettern im Sitzski hat er bereits im vergangenen Winter unter Anleitung vom Michael Huhn, Nachwuchstrainer des Nordic Paraskiteam, ausprobiert. „Gar nicht so einfach. Vor allem in den Kurven muss man aufpassen, und berghoch ist es einfach grausam“, sagt Patrik Fogarasi. Und will genau auch deshalb sein neues, ehrgeiziges Ziel angehen.
Unterstützung erhält er dabei vom Projekt „Snowstorm“, das mit modernsten technischen Methoden den Sitz für den Ski baut und dafür auch den extra fürs Kanu angepassten Sitz nutzen kann. „Ich hoffe, das Gestell kommt bald, damit ich trainieren kann. Ich habe richtig Lust darauf.“ Der Neu-Dittersbacher, der derweil im Olympiastützpunkt Chemnitz Krafteinheiten absolviert, brennt darauf, endlich in der neuen Sportart an den Start gehen zu können. Ganz wichtig ist für ihn, die Unterstützung durch Freundin Claudia Perez Liriano, der er wiederum bei der Herstellung von Kostümen für ihre Showtanzgruppe Sam Brasil hilft. Auch ohne die Hilfe durch Sponsoren gehe es nicht, denn der Parasport kostet wie der Leistungssport eine Menge Geld – und nicht wenig davon müssen die Athleten selbst aufbringen.
Der Traum der Teilnahme an den Paralympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro ging für den Dittersbacher Behindertensportler Patrik Fogarasi nicht in Erfüllung. Nun strebt der 41-jährige Kanute ein neues ehrgeiziges Ziel an
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