26.11.2002 |
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Ressort: RS |
Olympische Visionen
Halle bietet eine kostengünstige Variante
Kanuten auf Osendorfer See
VON UNSEREM REDAKTEUR KLAUS BLUMTRITT
Halle/MZ. Mit den Olympischen Spielen 2012 verhält es sich wie mit einem alten Sprichwort: Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor dieser erlegt ist. Erst einmal muss das Nationale Olympische Komitee im April 2003 entscheiden, wer von den fünf Bewerbern den Zuschlag erhält. Und danach hat sich der deutsche Kandidat gegen die namhafte internationale Konkurrenz zu behaupten.
„Der allergrößte Vorteil ist: Das gesamte Gelände gehört der Stadt.“ Karl Kunitzsch Vereinspräsident
Das weiß man auch in Leipzig. Und deshalb wird an der vorliegenden Konzeption zwar weiter gefeilt, aber nichts Grundsätzliches verändert. „Doch alle Erfahrungen besagen, dass nach der Vergabe die Karten neu gemischt werden“, betont zum Beispiel Biathlon-Doppelolympiasieger Frank Roetsch, der bei der Olympia GmbH für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist.
Für die Stadt Halle, die im vorliegenden Plan nur als Fußball- und Quartier-Standort verankert wurde, ist das nicht nur ein Hoffnungsschimmer. Die von der Kommune gebildete Lenkungsgruppe für die Olympia-Vorbereitung empfiehlt auf einem Bewerbungsvideo deshalb schon mal diverse hallesche Trainingsstätten wie die Leichtathletik-Halle Brandberge. Zu sehen ist auch das Kurt-Wabbel-Stadion mit der speziellen Anmerkung, dass der „Fußballtempel“ natürlich grundlegend zu modernisieren sei. Doch inzwischen fragt man sich, ob nicht ein Neubau die bessere Variante ist. So gibt es erste Überlegungen, im Ortsteil Bruckdorf, wo inzwischen auch die Neue Messe steht, eine neue Arena zu errichten – als Mittelpunkt eines modernen Sportzentrums.
Ein zweites ist in unmittelbarer Nähe angesiedelt: Auch das Kanuzentrum Osendorfer See würde den olympischen Anforderungen an die Infrastruktur – günstige Anbindung an S-Bahn, Autobahn und Flughafen – entsprechen. Karl Kunitzsch, Präsident des Kanuvereins 54, ist sich sogar sicher, dass das ehemalige Tagebau-Restloch von allen denkbaren Bewerbern der Region für die olympischen Kanurennsport-Wettkämpfe die besten Konditionen aufzuweisen hat. Der 72-Jährige verweist dabei vor allem auf die im Gegensatz zum derzeitigen „Olympiakandidaten“ Störmthaler See schon vorhandene Standsicherheit, „weil das Gelände bereits über 30 Jahre steht“.
Die 220 000 Quadratmeter große Wasserfläche mit einer Streckenlänge von 1 500 Metern wird durch Pumpen 8,75 Meter unter dem Normalspiegel gehalten, was im Verein mit den inzwischen ausgewachsenen Bäumen optimalen Windschutz garantiert. „Außerdem gibt es genügend Raum für alle nötigen Erweiterungsbauten, beispielsweise an Parkflächen, die jetzt schon 600 Pkw aufnehmen“, zählt der hallesche Kanu-Pionier auf. „Und der allergrößte Vorteil ist: Das gesamte Gelände gehört der Stadt, was das Genehmigungsverfahren erleichtert.“
„Ich träume von Olympia, doch meine Vision hat ein reales Fundament“, sagt Kunitzsch, der selbst Ruderwettbewerbe auf „seinem“ See nicht ausschließen will. „Wenn die Pumpen angehalten werden, würde sich die Fläche innerhalb von fünf Jahren auf 450 000 Quadratmeter vergrößern.“ Eine Umwelt-Verträglichkeitsstudie kommt zu dem Schluss, dass die künstliche Niedrighaltung des Wasserpegels aus ökologischer Sicht einzustellen sei. Doch ohne Olympia wird sich die Stadt nicht dazu durchringen können: Für das Abpumpen fallen jährliche Energiekosten von rund 6 000 Euro an. Die Flutung kostet dagegen eine zweistellige Millionensumme.