Olympia Peking 2008

22. August 2008

Olympiasiegerin will ihren Wettgewinn einlösen

Conny Waßmuth startet mit Bruder Ronny demnĂ€chst in einem Mixed-Wettbewerb – AnfĂ€nge in Halle

von Petra Szag, 22.08.08, 21:42h, aktualisiert 22.08.08, 22:11h
Peking/Halle/MZ. Ein langer Atem, unbĂ€ndiger Wille und ein hohes Maß an Selbstdisziplin haben Conny Waßmuth in den Kanu-Olymp gefĂŒhrt. Als Ersatzfrau war sie auf den letzten Pfiff in den Kajakvierer gekommen und mit diesem am Freitag zu Olympia-Gold gepaddelt.

FĂŒr ihren Bruder Ronny ist diese Geschichte geradezu typisch: „Das ist Conny: Sie gibt nicht auf und macht trotz aller NackenschlĂ€ge weiter. Dabei hatte ihr die NichtberĂŒcksichtigung bei der Nominierung einen der bittersten Momente ihrer Karriere beschert.“ Der Hallenser bewundert seine kleine Schwester fĂŒr deren Trainingsfleiß und ihre Zielstrebigkeit. Schon immer sei sie sehr ehrgeizig gewesen. Wenn sie etwas wolle, dann mit aller Konsequenz. „In den letzten Monaten hat Conny ihr ganzes Leben auf Peking ausgerichtet. Sie ist nicht mal mehr ausgegangen, weil sie nicht riskieren wollte, sich eine ErkĂ€ltung einzufangen“, erzĂ€hlt der 29-JĂ€hrige.

seiner Schwester Conny Waßmuth war noch ein DreikĂ€sehoch, als das Kanuzentrum Osendorf im SĂŒden von Halle ihre Neugier geweckt hatte. Vor 17 Jahren machte sie dort ihre ersten PaddelschlĂ€ge und war „von Anfang an so Feuer und Flamme, dass sie mich mit ihrer Begeisterung angesteckt hat“, erinnert sich Ronny Waßmuth. Als sich die ersten Erfolge einstellten, verließen die beiden Rennkanuten den HKC und ihr Elternhaus und wechselten in das Trainingszentrum nach Magdeburg zur Sportschule und ins Internat. Trotzdem: „In Halle ist Connys Liebe zum Kanurennsport geweckt worden. Und sie hat auf dem Osendorfer See die Grundlagen gelernt“, sagt ihr Bruder.

Ronny Waßmuth erinnert sich schmunzelnd an die AnfĂ€nge. Mit knallbunter MĂŒtze, viel zu großem Paddel und der an das Duracel-HĂ€schen aus der Werbung erinnernden Haltung war die Kleine damals ĂŒbers Wasser gefegt. Auch Magdeburg war fĂŒr Conny Waßmuth, die mit ihren 1,67 Meter zu den Kleinsten unter den Rennkanuten zĂ€hlt, Zwischenstation. Der besseren Bedingungen wegen trainiert sie seit ihrem Schulabschluss 2002 in Potsdam, gehört aber weiter zum SCM. Ihr Ökonomiestudium hat sie wegen der Olympiavorbereitungen zwischenzeitlich unterbrochen und ist in die Fördergruppe der Bundeswehr eingerĂŒckt. Nun will die 25-JĂ€hrige, die mit ihrer Freundin, der Triathletin Anne Reichmuth, in einer WG nahe des Potsdamer Trainingszentrums zusammenwohnt, das Studium forcieren.

Erst einmal aber muss sie nun noch einen Wettgewinn einlösen. Denn mit Bruder Ronny hatte Conny vor der WM im Vorjahr ausgemacht, dass sie beide bei einem Mixed-Wettbewerb an den Start gehen, falls Conny Weltmeisterin wird. Nun ist sie Weltmeisterin und Olympiasiegerin – und Ronny Waßmuth wird nicht mehr umhin kommen, mit seiner Schwester in ein Boot zu steigen.


Ergebnis Olympia 2008 Peking WOMEN’S K4 500m FINAL
1.Fischer/Reinhardt/Wagner-Augustin/Wassmuth GER 1:32.231

2.Kovacs/Szabo/Kozak/Szabo HUN 1:32.971
3.Oldenhof/Davis/Meek/Fogarty AUS 1:34.704
4.Mikolajczyk/Konieczna/Dzieniszewska/Kuczkowska POL 1:34.752
5.manchon/Smidakova/Molanes/Portela ESP 1:35.366
6.Kitamoto/Kuno/Takeya/Kuno JPN 1:36.465
7.Eray/Joyce/Mocke/Hodson RSA 1:36.724
8.Cicali/Galiotto/Sgroli/Fagioli ITA 1:36.770
9.Xu/Zhong/Yu/Liang CHN 1:37.418

 

22. August 2008 | Olympia Goldener Doppelschlag, Wylenzek wieder wohlauf
Zweimal Gold plus je einmal Silber und Bronze lautet die Bilanz der deutschen Rennkanuten nach dem ersten Finaltag. Das DKV-Flagschiff – der Damen-Vierer – und der Zweier-Kajak ĂŒber 1.000m mit Martin Hollstein und Andreas Ihle sorgten fĂŒr einen goldenen Freitag.

Vier Medaillen standen am Ende fĂŒr die Flotte des Deutschen Kanu-Verbandes nach den Rennen ĂŒber 1.000m (und dem Damen-Vierer ĂŒber 500m) auf der Habenseite. Der Vierer-Kajak der Damen fuhr dabei das Rennen beherzt vom Start und zeigte seine Dominanz direkt von Beginn an. „Der Start ist eh unsere StĂ€rke“, so Schlagfrau Fanny Fischer direkt nach dem Rennen. „Aber ich muss mich erstmal sammeln. Ich habe mich durchweg auf einen runden Schlag konzentriert und so lief es einfach klasse.“ Auch Katrin Wagner-Augustin gab ihrer Freude unter TrĂ€nen freien Lauf: „Wir haben die Ungarn gleich am Start gekascht und dann das Ding einfach nach Hause gefahren“, was auch Nicole Reinhardt direkt nach Ihrem Lauf zugab: „Ich hab schon frĂŒh den anderen zugeschrien, ES REICHT, ES REICHT“. Die Kleinste im K4, Conny Waßmuth, strahlte im anschließenden Interview um die Wette: „Nein, ich kann das noch nicht fassen.“


19. August 2008 | Olympia Conny Waßmuth im neuformierten K4
Dass Conny Waßmuth als Doppelweltmeisterin des vergangenen Jahres im K4 als Ersatzfrau mitgenommen wurde, schien vorerst eine logische Absicherung fĂŒr den Fall der FĂŒlle. Doch mit der Erkrankung von Carolin Leonhardt wurde der K4 umformiert.

ZunĂ€chst war ungewiss, wie Waßmuth sich im Boot zurecht finden wĂŒrde und wie schnell sich die neue Konstellation finden wĂŒrde. Doch nach dem gestrigen Vorlauf zeigt sich das DKV-Flaggschiff der Damen gewohnt schlagkrĂ€ftig.

Dabei hatte sich Conny Waßmuth schon mit ersten PlĂ€nen fĂŒr Ihre Sightseeingtour beschĂ€ftigt und mit Olympia abgeschlossen. Dann erreichte sie die Nachricht, dass sie fĂŒr die erkrankte K4-Olympiasiegerin Carolin Leonhardt zum Einsatz kommt. Ich hab das erst gar nicht gecheckt. Das tut mir auch total Leid fĂŒr Carolin, sagte die 25-jĂ€hrige Sportsoldatin, die selbst am Morgen danach noch dachte, das kann doch eigentlich gar nicht sein. Im Damen-Vierer nahm sie die Position vier von Carolin Leonhardt ein, eine fĂŒr sie ungewohnte Position, aber man wollte so kurz vor Wettkampfbeginn nicht noch grĂ¶ĂŸere Umstellungen im Boot vornehmen.

Das war fĂŒr mich schon eine Riesenumstellung, aber bei den wenigen Trainingsfahrten, die uns bis zum Beginn des Wettkampfes noch blieben, hat es eigentlich ganz gut funktioniert, sagte die erfahrene Magdeburgerin nach der mit dem Sieg im Vorlauf erfolgreich absolvierten Premiere, mit der sie im Großen und Ganzen zufrieden war: Ich kann mich relativ gut anpassen, ich denke, das habe ich mit der Zeit bewiesen, so ihre ErklĂ€rung zum reibungslosen Wechsel in das medaillentrĂ€chtige Boot. Ihre bisherige Erfolgsstatistik gibt ihr dabei recht: Alle ihre bislang drei WM- und vier EM-Titel hat sie mit dem Damen-Vierer gewonnen, zuletzt bei der WM 2007 in Duisburg mit einem Doppelsieg ĂŒber 500 und 200m.

Obwohl Olympia fĂŒr sie eigentlich schon abgehakt war, hat sie sich bis zuletzt ins Training reingehĂ€ngt, als wĂ€re sie dabei. Sie wollte ihre Mannschaftskolleginnen nicht enttĂ€uschen. Wie wichtig das im Nachhinein war, betonte Schlagfrau Fanny Fischer nach dem Vorlauf: Wie Conny sich in der gesamten Vorbereitung verhalten hat, finde ich megaklasse, ich hab sie total bewundert. FĂŒr mich und die anderen war es nun nach Carolins Ausfall sehr wichtig zu wissen, dass Conny sehr gut trainiert hat und topfit ist.

Zum Kanusport gekommen ist die kleinste im Damen-Team 1990 durch eine Freundin, die sie mit zum Halleschen Kanu-Club nahm. In der Kanufamilie hat es ihr von Anfang an Spaß gemacht und auch ihre Eltern waren von ihrer FreizeitbeschĂ€ftigung angetan. Mit 11 Jahren wechselte C. Waßmuth ins Leistungszentrum nach Magdeburg, wo sich dann ab 1999 auch die ersten internationalen Erfolge als Juniorin einstellten. In Peking steht sie nun vor der Möglichkeit, den bisher grĂ¶ĂŸten Erfolg in ihrer Kanusportkarriere erringen zu können.